Bahnhof Leisnig
(Mittelsachsen)[1]
Die Ursprünge der Stadt Leisnig stehen in engem Zusammenhang zur im 10.
Jahrhundert errichteten Burg Mildenstein. Die Burg gehört zu den ältesten
Anlagen in Sachsen. Die erste urkundliche Erwähnung des zugehörigen Burgwards
erfolgte 1046 als „Lisnich“.
Das historisch hochinteressante und spannende Städtchen mit rund 10‘000
Einwohnern hat durch die Umsetzung von Visionen und Utopien den Aufbruch in
eine hoffnungsvolle Zukunft geschafft, präsentiert sich dem Besucher in einer
weltoffenen und zuvorkommenden Art und Weise und hat sehr viel zu bieten. Der
Bahnhof Leisnig scheint trotz derzeit verfallenem Zustand prädestiniert zu sein
als eines unter zahlreichen wertvollsten Baudenkmälern zu einem der schönsten
Bahnhöfe Sachsens verwandelt werden zu können. Es erstaunt schon, dass dem
selbst in diesem maroden Zustand sich befindenden außergewöhnlichen Kulturgut
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr liebevolle Beachtung und
Wertschätzung entgegengebracht und
geschenkt wurde. Dabei könnte er
durchaus ein Bindeglied zur Burg Mildenstein, einer der attraktivsten
frühmittelalterlichen Burganlagen, darstellen, da er
Im Rahmen des Baus der Bahnstrecke Borsdorf–Coswig als zweite
Eisenbahnlinie zwischen Leipzig und Dresden erhielt Leisnig 1867 den Anschluss
ans Eisenbahnnetz. Der im Muldental südöstlich der Altstadt gelegene Bahnhof
markierte einen neuen Fixpunkt der Stadtentwicklung. Im Umfeld des Bahnhofes
(Bahnhofsvorstadt) siedelten sich in den folgenden Jahrzehnten weitere Fabriken
an. Die Einwohnerzahl stieg bis 1910 nochmals auf 8.001 Einwohner an.
Im Mittelpunkt der Verbreitung der Neugotik stand ein umfassendes Bau- und
Einrichtungsprogramm, das bis in die Literatur und den Lebensstil Einzug hielt.
Die Formensprache
der Neugotik orientierte sich an einem idealisierten Mittelalterbild. Ihre
Blüte hatte sie in der Zeit von 1830 bis 1900. Unter der Auffassung, an
Freiheit und Geisteskultur mittelalterlicher Städte anzuknüpfen, errichtete man
in neugotischem Stil vor allem Kirchen, Parlamente, Rathäuser und
Universitäten, aber auch andere öffentliche Bauten wie Postämter, Schulen oder Bahnhöfe.
Nach Erwin Panofsky war das Gothic Revival von einer
romantischen Sehnsucht nach einer nicht mehr zurückzuholenden Vergangenheit
geprägt, wohingegen die Renaissance danach getrachtet habe, aus dem
Alten eine neue Zukunft abzugewinnen.
Das Nauener Tor in Potsdam
(1755), das Friedrich der Große auf britische Anregung
errichten ließ, war das erste neugotische Bauwerk in Deutschland. Mit der
Unterstützung von Friedrich dem Großen erhielt die Neugotik eine nationale
Ausrichtung, da man sich in einer Verbundenheit mit dem mittelalterlichen
Kaiserreich sah. Insbesondere bei den damaligen Parkbauten setzte sich die
Stilrichtung durch, wie beispielsweise das Gotische Haus im Wörlitzer
Park (1786/87), oder die Löwenburg im Bergpark Wilhelmshöhe. Sie entstand nach
Entwürfen von Heinrich Christoph Jussow in der Zeit von
1793 bis 1800 als Nachahmung einer mittelalterlichen englischen Ritterburg.
Für die Gotik-Rezeption in Deutschland ist Johann Wolfgang von Goethes 1773
veröffentlichter Aufsatz „Von Deutscher Baukunst“ von besonderer
Bedeutung. Goethe beschrieb den deutschen Baumeister Erwin von Steinbach als angeblich alleinigen
Erbauer des Straßburger Münsters sowie als Genie und weckte
schwärmerische Begeisterung für die damals noch weitgehend verachtete gotische Architektur, die
nun als deutsche Baukunst verstanden und positiv bewertet wurde. Dass die
gotische Baukunst historisch aus Frankreich stammte, war Goethe nicht bekannt.
In der Folgezeit wurde die französische Herkunft von nationalistischen
Anhängern einer vermeintlich „deutschen“ Gotik jahrzehntelang bestritten oder
auch ignoriert.
Die Romantik
zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte in Deutschland zu einer Begeisterung für
die mittelalterlichen Bauwerke, insbesondere für die großen Dome der Gotik und
die Burgen. Wichtige Zeugnisse hierfür sind Friedrich Schlegels Aufsatz Grundzüge der
gotischen Baukunst, oder auch die romantischen Landschaften von Caspar David Friedrich, Carl Gustav
Carus, Julius von Leypold und dem vor allem als Architekt
des Klassizismus bekannten Karl Friedrich Schinkel. Im Zuge dieser
neuen Mode konnten auch alte Bauruinen wie der Kölner Dom
(Wiederaufnahme des Baus 1846) oder das Ulmer Münster
(Fertigstellung des Westturmes 1890) nach den Plänen des Mittelalters vollendet
werden. Andere gotische Kirchen wurden purifiziert, das heißt, von
nachträglichen Änderungen nachfolgender Stilepochen befreit, vervollständigt
und von vermeintlichen Fehlern bereinigt. Die Vollendungen verwendeten die
originalen Baupläne, es sind also aus kunsthistorischer Sicht noch (zum
überwiegenden Teil) Bauwerke der mittelalterlichen Gotik.
Als erster Backsteinbau der Neugotik in Norddeutschland
gilt ein Mausoleum
bei Hannover
von 1842 für den General
und Staatsmann
Carl von
Alten. Es wurde vom hannoverschen Stadtplaner
Georg Ludwig Friedrich Laves entworfen und
von Conrad Wilhelm Hase fertiggemauert. Das Gebäude
im heutigen Naturschutzgebiet Sundern zerfiel im Laufe
der Zeit zur Ruine.
Vorhandene Burgruinen wurden gerne nach englischem Vorbild, dem Castellated Style
wiederaufgebaut, dieser Wiederaufbau hatte allerdings nichts mehr mit der
historischen Gestalt der Burg zu tun. Typische Beispiele dafür sind die Burg
Hohenzollern bei Hechingen, das Schloss Stolzenfels in Koblenz
sowie weitere Bauwerke der Rheinromantik. Ein außergewöhnlich
umfangreicher Um- und Ausbau älterer Burg-, Schloss- und Klosteranlagen
erfolgte unter dem Coburger Herzog Ernst I. mit seinen
neugotischen Schöpfungen von Schloss Rosenau, Schloss
Ehrenburg, Schloss Callenberg und Schloss Reinhardsbrunn.
Für neue Kirchen- und Profanbauten in den wachsenden Städten griff man
gerne auf die gotische Architektur zurück und komponierte mit Formelementen aus
dem reichen Erbe vorhandener Bauwerke eine neue idealisierte Architektur, die
Neugotik. Allerdings fehlte aufgrund der großen zeitlichen Distanz das tiefe
Verständnis für die Formensprache und so finden sich Formen des
Kirchenbaus an neugotischen Rathäusern wieder. Herausragende Beispiele für
neugotische Profanbauten sind die Rathäuser in Wien, München
und dem Berliner Bezirk Köpenick sowie das einzigartige Ensemble
der Speicherstadt
in Hamburg.
Für die Innenausstattung, insbesondere Altäre und Kanzeln der
neuen und purifizierten Kirchen schuf man aufwändig geschnitzte Werke, die sich
an die Elemente der Architektur anlehnen, aber ohne Vorbild waren. Diese Werke
nannte man später abwertend Schreinergotik. Die Glasmalerei erlebte
ebenfalls eine neue Blüte, allerdings sind die neuen Werke realistischer und
naturalistischer als die historischen Vorbilder. Viele derartige
Ausstattungsgegenstände der Kirchen sind ab 1960 aus Verachtung für die
nachgemachten Stile wieder entfernt und zerstört worden.
Die neue Stilrichtung erfasste auch das Friedhofswesen. So gilt zum
Beispiel als erstes neugotisches Kunstwerk auf einem bayerischen Friedhof das
von Friedrich von Gärtner geschaffene und am
1. November 1831 enthüllte Denkmal am Massengrab der Sendlinger Mordweihnacht auf dem Alten Südlichen Friedhof in München.[2]
Im Zweiten Weltkrieg waren neugotische Bauten
besonders im deutschen Sprachraum massiven Zerstörungen ausgesetzt. Fast alle
bedeutenden neugotischen Kathedralen blieben jedoch vom Zusammensturz
verschont, auch wenn die Dachstühle vielerorts ausbrannten. Eine Ausnahme
bildet hier die Nikolaikirche in Hamburg,
deren Schiffe nach den verheerenden Bombenangriffen der „Operation Gomorrha“ im Sommer 1943 zwar noch
standen, deren Ruine aber 1951 trotz Bürgerprotesten abgebrochen wurde. Nur der
Turm ragt heute noch 147 Meter hoch aus dem Häusermeer (das Ulmer Münster
ist nur 14 Meter höher). Er lässt die Größe der zerstörten Kirche erahnen, die
sicherlich als eine der größten und prächtigsten gelten kann, die allein im
Stil der Neugotik (ohne Teilstücke aus dem Mittelalter) erbaut worden sind.
Die Begeisterung für gotische Formen ließ im stark nationalistisch
geprägten Deutschland des zweiten Kaiserreiches wieder nach, nachdem immer
offensichtlicher wurde dass die Gotik nicht ein typisch deutscher Stil ist,
sondern historisch aus Frankreich stammt. Den gesuchten, typisch deutschen Stil
glaubte man in der Romanik gefunden zu haben, worauf sich der Schwerpunkt auf
romanische Formen verlagerte und die Neuromanik
ihre Blüte erlebte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Nürnberg
als lokale Besonderheit eine besondere Ausprägung der Neugotik, den Nürnberger
Stil, der an die hoch- und spätgotische Bautradition der Stadt
anzuknüpfen versuchte. Zu den letzten Beispielen in Deutschland gehört die 1906
geweihte Paulskirche in München
von Georg von Hauberrisser. Auch die
Martinus-Kirche in Olpe
(geweiht 1909) ist im neugotischen Stil erbaut.
[1]
http://de.wikipedia.org/wiki/Neugotik
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